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Mittwoch, 13. Oktober 2021

[Rezension] Game Changer - Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, alles falsch zu machen von Neal Shusterman

Hallo ihr Lieben,

Neal Shusterman ist bekannt für seine spannenden dystopischen Sci-Fi Realitäten wie in "Scythe" oder "Dry". Mit "Game Changer" geht er in eine etwas andere Richtung, stellt nämlich die Frage nach Parallelwelten und der Beschaffenheit unseres Universums. Viel Spaß bei meiner Rezension!


Autor: Neal Shusterman
Erscheinungsdatum: 13.10.2021
Originalsprache: Englisch
Originaltitel: Game Changer
Genre: Social Thriller
Altersempfehlung: Ab 14 Jahren
416 Seiten
Gebundene Ausgabe 18,00€ (D), Kindle Edition 14,99€ (D)
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*Dieses Buch hat mir der Fischer Verlag freundlicherweise als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Meine Meinung bleibt natürlich vollkommen ehrlich.*


Stell Dir vor, du könntest die Welt verändern...Welche Entscheidung triffst Du?

Ash ist ein weißer, heterosexueller cis-Junge aus der Mittelschicht. Er hält sich selbst für einen guten Kerl, aber nicht gerade für den Mittelpunkt des Universums. Bis er eines Freitags in eine andere Dimension katapultiert wird, in der er genau das ist – der Mittelpunkt des Universums! Damit verfügt ausgerechnet Ash nun über die Macht, die Welt zu verändern. Doch irgendetwas geht schief, und Ash führt - aus Versehen - die Rassentrennung wieder ein. Natürlich will er das wieder geradebiegen, aber: Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, alles falsch zu machen (Quelle: Fischerverlage.de/Oktober2021).



Das Cover von "Game Changer" sieht vielschichtig und interessant aus, es lässt sich einiges hineininterpretieren, wenn man die Geschichte kennt. Ich persönlich mag die Farbgebung des knalligen Orange sehr gerne und finde auch das Element des Kopfes, ohne dass ein Gesicht zu erkennen ist, sehr treffend. Die kleinen schwarzen Figuren im Fall sind auch im Buch immer mal wieder abgedruckt, wenn es thematisch passt und sind mit Lack veredelt. Außerdem wird hier mit verschiedenen Schriftarten gespielt - alles schöne Besonderheiten, die mein Leseerlebnis aufgewertet haben.


Ash lebt ein ganz normales Leben als Teenager. Er ist ein wichtiger Teil des Football Teams seiner Schule, ist in eine Mitschülerin verknallt, zankt sich mit seinem jüngeren Bruder und nimmt Mathe Nachhilfe. Doch ein Sturz lässt ihn plötzlich in einer anderen Version seines Lebens aufwachen, in der sich einiges geändert hat. Stopp-Schilder sind blau und niemanden wundert es? Nach und nach entdeckt Ash, dass sich noch viel gravierendere Dinge verändert haben und in dieser Parallelwelt die Rassentrennung nie aufgehoben wurde. Ash muss nicht nur herausfinden, wie es dazu gekommen ist, sondern auch dafür sorgen, dass dies nicht seine Realität bleibt, und dafür hat er nicht allzu viele Versuche...


Die Idee von parallelen Realitäten fand ich schon immer sehr spannend, sie wurde ja bereits in einigen TV Serien, Filmen und auch Büchern aufgegriffen, aber noch lange nicht erschöpfend behandelt. Ich wusste, dass Neal Shusterman mit seiner tollen Art zu schreiben etwas besonderes daraus machen kann, und das hat er definitiv geschafft.

Anfangs brauchte das Buch ein paar Seiten mehr, um mich abzuholen, da erst mal Ashs normales Leben beschrieben wird, wir die Figuren kennenlernen und ein großer Teil der Geschichte sich auf Football konzentriert, was nicht so mein Thema ist. Doch spätestens ab Ashs Sturz und dem Auftauchen der ersten alternativen Version seines Lebens war ich voll dabei.
Neal Shusterman schreibt in meinen Augen hier etwas anders als in "Scythe", er nimmt sich Zeit viele Figuren näher zu betrachten und dadurch den Fokus eher auf Tiefe als auf eine rasante Handlung zu legen. Das fand ich an vielen Stellen gut, manchmal hat es für einige Längen gesorgt und ich hätte es lieber etwas dynamischer gehabt. Nichtdestotrotz überzeugt der Autor hier erneut mit einem schönen, lockeren Schreibstil, schnörkellos, aber mit der nötigen Intensität. 

Ich war wirklich froh, dass der Verlag unterschiedliche Schriftarten 
gewählt hat, um die "Dimensionssprünge" von Ash zu markieren, sonst wäre ich ab einem bestimmten Punkt wahrscheinlich durcheinandergekommen. So ist die Handlung trotz der komplexen Thematik sehr strukturiert und ich konnte dem Geschehen meistens gut folgen.
Dennoch gab es einige Aspekte, die für einen Knoten in meinem Kopf gesorgt haben. Wie diese Dimensionssprünge erfolgen und zu welchem Zweck sie geschehen, wurde mir bis zum Ende nicht ausreichend erklärt. Neal Shusterman führt einige neue Begriffe ein, die dem ganzen etwas mehr Authentizität verleihen und sogar Figuren, die ausschließlich dafür da sind, die Dimensionalität der Welt zu erläutern, aber mir war es dennoch zu unschlüssig. Weshalb Ash nun der Mittelpunkt der Welt sein soll und wieso es überhaupt diese Dimensions-Springer gibt, wurde mit recht simplen Erklärungen abgetan.

Deshalb glaube ich, dass dieses Buch ziemlich spalten könnte, da einige Idee und Umsetzung absolut genial finden, und das Thema für andere Leser*innen nichts sein könnte. 
Die ersten paar Parallelwelten bin ich auf jeden Fall mitgegangen und habe auch mit Ash mitgefiebert, aber irgendwann wurde es mir tatsächlich zu viel: Neal Shusterman beschränkt sich nicht auf das Thema Rassismus und Rassentrennung, zu dem ich gerne mehr Tiefe gehabt hätte, sondern nimmt weitere Diskriminierungs-Aspekte mit rein und bleibt dafür eher oberflächlich - schade.

Die Figuren haben mir gut gefallen, insbesondere Ash, der eine schöne Entwicklung durch macht, aber auch Leo und Katie mochte ich gerne. Die Rolle der "Eds" hätte von mir aus gerne noch tiefer erklärt werden können, aber auch die haben mir gut gefallen und mich manchmal zum Schmunzeln gebracht. Die Tiefe der Figuren bekommt Shusterman hier wirklich gut hin und geht auf unterschiedliche Gefühlswelten sehr behutsam ein.



Das Ende war in meinen Augen ziemlich gut gelöst. Neal Shusterman spielt ein Stück weit mit dem "Realität oder Fantasie?" Motiv und hat mich das Buch zufrieden zuklappen lassen. Dennoch muss ich sagen, dass mir die Dystopien des Autors etwas besser gefallen haben, da dort das Worldbuilding noch besser gelungen ist und hier auf wenigen Seiten ganz viel angerissen, aber nicht zu Ende gedacht wurde. 


Neal Shusterman wagt mit "Game Changer" einen Social Thriller abseits der Dystopien, der mit vielen guten Gedankengängen beginnt, aber mich nach einiger Zeit etwas verloren hat. Die Idee der Parallelwelten und Ash als Springer finde ich super, aber der Autor hätte gerne weniger Themen aufgreifen dürfen, und diese dafür in der Tiefe beleuchten können. Das Rassismus Thema vom Klappentext stand mir zu wenig im Fokus, dafür wurden noch viele mehr dazu genommen, und das war letztendlich zu viel für mich. Fans von der Idee paralleler Realitäten werden bestimmt ihre Freude an der Geschichte haben. Wer ein intensives Buch zum Thema Rassismus erwartet, wird hier eher enttäuscht werden. 

Alles Liebe
  




Vielen herzlichen Dank an den Fischer Sauerländer Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!