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Donnerstag, 14. Oktober 2021

[Rezension] Gliss - Tödliche Weite von Andreas Eschbach

Hallo ihr Lieben,

Andreas Eschbach ist bekannt für seine aufrüttelnden Zukunfts-Szenarien, die bei genauerer Betrachtung gar nicht allzu abwegig scheinen und deshalb umso bedrohlicher wirken. Ebenso erging es mir wieder bei "Gliss", das eine äußerst spannende Zukunft skizziert, in der sich die Menschen einen neuen Planeten gesucht haben, auf dem die Oberfläche hauptsächlich von dem reibungslosen Material Gliss bedeckt ist - viel Spaß bei meiner Rezension!


Autor: Andreas Eschbach
Erscheinungsdatum: 14.10.2021
Originalsprache: Deutsch
Genre: Kinder- und Jugendbuch/Science Fiction
Altersempfehlung: Ab 14 Jahren
456 Seiten
Gebundene Ausgabe 22,00€ (D), Kindle Edition 16,99€ (D)
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*Dieses Buch hat mir der Arena Verlag freundlicherweise als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Meine Meinung bleibt natürlich vollkommen ehrlich.*


Draußen wartet die Weite – und sie kann tödlich sein …

Ajit weiß, dass er die Stadt Hope niemals verlassen wird. Denn sie ist umgeben vom GLISS, einem Boden, auf dem nichts haftet und nichts gebaut werden kann. Hinter dem GLISS gibt es keinen Ort, keine Menschenseele. Zumindest dachte der 17-Jährige das. Doch als eines Tages ein toter Mann über das GLISS getrieben wird, ist Ajit und seinen Freunden Phil und Majala klar: Die Geschichte ihrer Welt ist eine Lüge und die, die Ajit für seine Familie hielt, tun alles, um diese Lüge zu verteidigen. Die Wahrheit jedoch – die liegt hinter dem GLISS. Mitten in der tödlichen Weite, aus der noch niemals jemand zurückgekehrt ist… (Quelle: ArenaVerlag/Oktober2021)



*Hier beziehe ich mich auf die erste Auflage des Buches, die einige schöne Besonderheiten mit sich bringt.*

Abgesehen davon, dass die Bücher aus dem Arena Verlag immer sehr hochwertig gebunden und aufgemacht sind, hat dieser Schatz einen farbigen Buchschnitt, der die Farben des Covers aufgreift und einen schönen orange-roten Farbverlauf zeigt. Die Ober- und Unterkante des Buches sind schwarz. Zudem ist vorne im Buch eine gedruckte Unterschrift des Autors enthalten, es hat ein Lesebändchen und veredelte, lackierte Elemente auf dem Cover. Gestalterisch ist das Buch definitiv schon mal ein Genuss und deshalb seinen Preis auf jeden Fall wert. Wenn ihr Gelegenheit habt, euch die erste Auflage zu sichern, schnappt sie euch!


Die Menschen haben in der Zukunft begonnen, neben der Erde auch andere Planeten und Sterne zu besiedeln, sodass Ajit auf einem Planeten geboren und aufgewachsen ist, der hauptsächlich von Gliss bedeckt ist, einer Oberfläche, auf der es keine Reibung gibt und die man mit gewöhnlichen Werkzeugen nicht greifen oder bearbeiten kann. Dadurch sind die Siedlungen voneinander abgetrennt und können nur besucht werden, in dem man mit Fahrzeugen, sogenannten Glissern, auf dem Gliss zum Ziel rutscht.
Ajit lebt in seiner Siedlung Letz recht abgeschieden und ohne große Hoffnung auf eine erfolgreiche Zukunft. Doch als eines Tages ein toter Mann auf dem Gliss nach Letz befördert wird, wird Ajit als Zeuge in die Hauptstadt Hope beordert und es beginnt eine spannende Reise...


Andreas Eschbachs Ideen für Dystopien und Science Fiction Romane sind in meinen Augen immer unfassbar genial und kreativ. Die Frage "Was wäre, wenn..." beschäftigt ja viele Autor*innen, aber Eschbach setzt häufig noch einen drauf und unterfüttert seine Ideen mit spannenden physikalischen und biologischen Fakten.

So ist es mir auch wieder bei "Gliss" ergangen, die Idee der reibungslosen Oberfläche fand ich sehr spannend und ich habe mich gerne auf dieses Gedankenexperiment eingelassen. Dadurch, dass die Menschen auf dem neuen Planeten viel weniger Ressourcen haben, weniger Rohstoffe allgemein, Metalle, Nutztiere und Lebensmittel, lebt Ajit in seinem Dorf recht bescheiden und die Siedlung hat noch lange nicht den Standard des Erdlebens wiedererlangt. In der Hauptstadt Hope sind sie bereits etwas weiter, aber auch dort wurden viele Fortschritte in Wissenschaft, Technik und Architektur eingebüßt. Ich fand diese neue Welt hier so spannend, dass ich gerne noch mehr darüber erfahren hätte, wie genau die Menschen auf den neuen Planeten umgesiedelt sind, wie Wissen von der Erde gespeichert wurde und wie der Aufbau des neuen Lebens von statten ging. Darüber konnte Ajit nicht allzu viel berichten, da seitdem einige Generationen gelebt haben, aber ich hätte zu gerne in der Bibliothek von Hope nach diesen Informationen gegraben.

Die Umsetzung der Geschichte ist rasant und spannend, kam für mich aber erst nach ca. 100 Seiten so richtig in Fahrt. Wir bekommen erst einmal mit, wie Ajit in Letz aufgewachsen ist, dass er ein cleveres Köpfchen ist, aber sein Potenzial noch nicht so richtig nutzen konnte, da er von anderen gerne als "Träumer" und "Spinner" belächelt wird. Es gibt immer wieder Wendungen, bei denen ich dachte "jetzt geht es richtig los", aber das geschah tatsächlich erst, als der tote Mann in Letz "angerutscht" kam. Da danach aber Schlag auf Schlag eine interessante Wendung die nächste jagt, kann ich darüber auf jeden Fall hinwegsehen.

Die Figuren sind hier sehr schön beschrieben und besonders Ajit kommt man als Leser*in sehr nahe. Ich konnte nicht immer all seine Gedanken und Handlungen nachvollziehen, wie z. B. die Naivität seinem Cousin gegenüber, aber das könnte auch seinem noch recht jungen Alter zuzuschreiben sein. Majala mochte ich sehr, sehr gerne wegen ihrer pfiffigen Art und ihrem starken Willen, ihr eigenes Leben in die richtigen Bahnen zu lenken. Wer für mich eher abstrakt blieb, war lange Zeit Ajits bester Freund Phil, der sich ab einem bestimmten Punkt des Buches verändert hat und ich nicht so richtig verstanden habe, weshalb. Doch die Dynamik zwischen unserem Protagonisten Trio fand ich sehr spannend, da die sich im Laufe der Geschichte verändert und mit den Figuren wächst. Ajits Cousin fand ich auch interessant, über ihn hätte ich gerne noch etwas mehr gelesen. Die anderen Figuren, wie z. B. Ajits Eltern, blieben eher blass, was aber für den Verlauf der Geschichte unerheblich war und der Tiefe der Geschichte keinen Abbruch getan hat.

Ohne zu viel verraten zu wollen, macht Ajit im Laufe der Geschichte einige spannende Entdeckungen über ihren Planeten und das Gliss, was ich total genossen habe! Mit Ajit gemeinsam herauszufinden, was ihre Welt alles zu bieten hat, war aufregend und vom Autor genial umgesetzt. Es sind so viele spannende Themenaspekte in die Geschichte eingeflossen, von der Materialbeschaffenheit des Gliss, über Botanik, bis hin zu der Bildung von politischen Leitbildern und Regierungen ist alles dabei. Es hat mich oft gewundert, weshalb nicht mehr Wissen von der Erde mit eingebracht wurde, aber so waren die Menschen gezwungen, neue Systeme zu etablieren, was Vor- und Nachteile mit sich brachte und für interessante Ansichten bei den Menschen geführt hat. Ich kann Andreas Eschbach nur Komplimente machen für diese vielen interessanten Betrachtungsweisen dieser Sci-Fi Version der Menschheit in der Zukunft.

Das Ende war ebenfalls sehr rasant und hat mich zufriedengestellt, sodass für mich alle wichtigen Fragen geklärt wurden. Über diese spannende Zukunftsversion könnten von mir aus gerne einige Bände geschrieben werden, weil die Welt ganz viel Potenzial für interessante Entwicklungen und Blickwinkel birgt. Für den Moment ist der Abschluss des Romans aber allemal gelungen.


Andreas Eschbach hat mit "Gliss - Tödliche Weite" einen äußerst kreativen, spannenden Sci-Fi Roman über einen besonderen Planeten geschrieben, der viel Potenzial für die unterschiedlichsten Betrachtungsweisen bereithält. Ajits Geschichte hat mich nach anfänglichen Schwierigkeiten total mitgerissen und mich das Buch innerhalb weniger Tage verschlingen lassen. Eine absolute All-Age Empfehlung für alle Dystopie- und Sci-Fi-Fans!

Alles Liebe




Vielen herzlichen Dank an den Arena Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!