Montag, 14. Februar 2022

[Rezension] Taras Augen von Katharina Bendixen

Hallo ihr Lieben,

seit der "Vortex" Trilogie bin ich wieder richtig in Dystopie Stimmung, weshalb "Taras Augen" von Katharina Bendixen genau zur rechten Zeit kam. Viel Spaß bei meiner Rezension!


Autorin: Katharina Bendixen 
Erscheinungsdatum: 09.02.2022
Einzelband
Kategorie: Dystopie/ Jugendbuch
384 Seiten
Broschierte Ausgabe 17,00€ (D), Kindle Edition 13,99€ (D)
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*Dieses Buch hat mir der Mixtvision Verlag freundlicherweise als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Meine Meinung bleibt natürlich vollkommen ehrlich.*



Tara und Alún fühlen sich zueinander hingezogen. Doch ein Streit bringt sie auseinander. Und ehe sie sich versöhnen können, katapultiert ein verheerender Chemieunfall sie in ein anderes Leben. Alún bleibt in der sicher entfernten Großstadt und zeichnet sich mit seiner Street-Art fast um Kopf und Kragen. Tara kehrt in das verseuchte Gebiet zurück und schwimmt um ihr Leben. Werden die beiden wieder zueinander finden? (Quelle: mixtvision.de/Februar2022)



Die Aufmachung dieses Buches ist einfach eine absolute Augenweide und perfekt auf den Inhalt abgestimmt. Taras Augen, die auf dem Cover und sogar dem Buchschnitt zu sehen sind, spielen im Buch eine tragende Rolle und werden hier als knallige Street Art dargestellt. Ich habe mir die Gestaltung beim Lesen immer wieder angesehen und mir vorgestellt, wie Alún diese Augen als Kunstobjekt genutzt hat. Es ist optisch eines der originellsten Bücher in meinem Regal und allein durch den traumhaften digitalen Farbschnitt ein absoluter Hingucker.

 

Wir befinden uns in einer nahen Zukunftsvision. In einer Fabrik nahe der Siedlung der beiden Jugendlichen Tara und Alún gibt es einen Chemikalienunfall und sie müssen gemeinsam mit ihren Familien fliehen. Als die Zone nach einiger Zeit wieder geöffnet wird, kehrt Tara mit ihrer Familie zurück in das verseuchte Gebiet. Doch das hat tragische Konsequenzen für viele Rückkehrer...



Ich habe von der Autorin bisher noch nichts gelesen und habe mich sehr auf ihren ersten Jugendroman gefreut. Die Mischung aus Dystopie und Liebesgeschichte hat sich in den letzten Jahren als sehr vielversprechend erwiesen und ich habe in dieser Richtung einige Lieblingsbücher.
 
Das hier erschaffene Zukunftsszenario ist gefühlt gar nicht allzu weit von unserer heutigen Realität entfernt. Es gibt ein paar neue Begrifflichkeiten für technische oder gesellschaftliche Neuerungen, wie die "Watcher" Überwachungsdrohnen oder auch "SigPhones", aber nichts, was sich der Vorstellungskraft entziehen würde. Ich fand diese neu erschaffenen Elemente interessant zu entdecken und hätte mir sogar noch mehr in der Richtung vorstellen können. So hat sich das ganze gar nicht so sehr nach Zukunft angefühlt, was gut war, um in die Geschichte hineinzukommen und bei mir die Frage aufgeworfen hat, ob wir vielleicht von dieser Art der Überwachung noch weniger entfernt sind, als ich bisher dachte?
So verhielt es sich auch mit dem Chemikalienunfall direkt zu Anfang. Ich habe mich sehr an das Reaktorunglück in Fukushima 2011 erinnert gefühlt, als die riesige Qualmwolke am Himmel auftauchte und Tara gezwungen war zu fliehen. Es gibt nicht allzu viele Informationen dazu, was genau passiert ist und wie gefährlich die Konsequenzen sind. Auch, wenn ich gerne mehr in der Richtung erfahren hätte, ist es vermutlich realistisch, dass die Bevölkerung über derartige Details im Unklaren gelassen wird. Ein bisschen habe ich mich auch an unsere Pandemie Situation erinnert gefühlt.

Der Hauptteil der Handlung spielt einige Zeit nach dem Unglück, als Tara wieder zurück in ihre Siedlung kommt und ihr Freund Alún in der Großstadt bleibt, sodass die beiden lange Zeit nicht mehr aufeinandertreffen. Die Geschichte wird abwechselnd aus beiden Sichten erzählt.
Der Ansatz der Geschichte hat mir gut gefallen, wie Tara und einige andere Familien wieder zurückkehren und versuchen, ihr altes Leben in dieser neuen Situation wieder aufzubauen. Es geht dabei um ganz verschiedene Aspekte der Abgeschiedenheit, politischer Abgrenzung, Verantwortlichkeiten; und das alles aus Sicht einer Jugendlichen, die versucht, ihr unbeschwertes Teenager Leben zurückzubekommen. Ein großer Bruch der Geschichte wird deutlich, als sich die Konsequenzen des Chemikalienunfalls bemerkbar machen, aber das solltet ihr selbst erfahren.

Das Kontrastprogramm dazu spielt sich in Alúns neuem Leben ab. Er verbringt viel Zeit mit Gedanken an Tara und beginnt mit einer neuen Bekanntschaft, sich durch seine Street Art auszudrücken, immer mit dem Nervenkitzel, möglicherweise erwischt zu werden. Seine Kunst ist nicht nur Ausdruck seiner Emotionen, sondern gleichermaßen eine Botschaft an Tara und ein politisches Statement.

Obwohl mir der Ausgangspunkt der Handlung sehr gut gefallen hat, verflüchtigte sich die Spannung für mich danach recht schnell. Ich habe beide Protagonisten im Alltag ganz gerne begleitet, aber es wurde alles sehr ruhig erzählt. Das Leben der beiden war recht typisch für Jugendliche mit all ihren Sorgen, Zweifeln und Problemen, aber in Anbetracht der dystopischen Ausgangssituation hätte ich mir mehr Action und Spannung gewünscht. Bei dem Wendepunkt in der Zone, der für mich wirklich schockierend und überraschend war, reagiert das Umfeld in meinen Augen zu entspannt, was ich als unpassend für die Situation empfand.

Im Verlauf der Geschichte wurde für meinen Geschmack zu viel Augenmerk auf die Liebesgeschichte zwischen den Protagonisten gelegt, die ich aber nicht so richtig nachfühlen konnte. Die beiden haben sich, bevor sich ihre Wege trennten, gestritten, und beginnen in der neuen Situation über Nachrichten zu kommunizieren. Aufkeimende Gefühle waren da, die sich aber für mich nicht authentisch anfühlten. Am Ende wird das ganze ganz schön zusammengeführt, doch bis dahin war ich von diesem Element der Handlung eher irritiert. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich nicht mehr ganz der Zielgruppe entspreche, aber ich hätte mir einen größeren Fokus auf der Dystopie und den politischen Verstrickungen gewünscht, die Liebesgeschichte hätte es für mich zwischen den beiden Figuren nicht geben müssen.


Die Charaktere insgesamt waren für mich durchwachsen. Während ich zu Tara eine ganz gute Bindung aufbauen konnte und auch Alún mir von Grund auf sympathisch war, blieben die Randfiguren sehr blass. Erschwerend kam hinzu, dass die Autorin außergewöhnliche Namen gewählt hat, die es für mich schwierig gemacht haben, die Personen zuzuordnen und nicht zu verwechseln. Im Nachgang habe ich gesehen, dass es hinten sogar ein Namensverzeichnis gibt, aber für mich hätten die Namen gerne einprägsamer sein können. Vielleicht sollten sie besonders international oder futuristisch klingen, aber für mich waren sie eher Stolpersteine. Im Übrigen ging es mir ebenso mit den Wortschöpfungen der Städte, Zonen und Gebieten. Beide Protagonisten machen eine sichtbare Entwicklung durch, aber insgesamt blieb mir alles zu sehr an der Oberfläche. Ich bin den Charakteren für meinen Geschmack nicht nah genug gekommen und habe ihre Gedanken und Handlungen nicht immer nachvollziehen können.

Zum Ende der Geschichte wird es nochmal etwas spannender und neue Themen kommen ins Spiel, die eine wichtige Botschaft vermitteln und Jugendliche vielleicht sogar ermutigen, ihre Zukunft aktiv und mutig mitzugestalten. Ich habe das Buch zufrieden zugeklappt, aber der Weg dahin war manchmal etwas steinig.

   

"Taras Augen" hat eine sehr spannende Grundidee. Es wird uns Leser*innen eine Zukunftsvision präsentiert, die sich erschreckend nah anfühlt. Die Umsetzung hatte in meinen Augen leider einige Schwächen und besonders die Liebesgeschichte war mir viel zu oberflächlich. Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht mehr in die Zielgruppe des Buches falle, aber die Tiefe der angesprochenen Themen und insbesondere Spannung haben mir gefehlt. 

Alles Liebe



Vielen herzlichen Dank an den Mixtvision Verlag für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars!