Sonntag, 2. September 2018

[Rezension] Tankstellenchips: Ein Heldenepos von Antonia Michaelis

Hallo ihr Lieben,
an diesem schönen herbstlichen Sonntag gibt es meine Meinung zum aktuellen Jugendbuch von Antonia Michaelis - "Tankstellenchips". Ich wünsche euch ganz viel Spaß beim Lesen! :-)

*Dieses Buch wurde mir als kostenloses Rezensionsexemplar vom Verlag zur Verfügung gestellt. Meine Meinung ist und bleibt natürlich meine eigene*

Autorin: Antonia Michaelis
Erschienen am: 23.07.2018 
Verlag: Oetinger 
Seitenzahl: 368
Genre: Jugendbuch
Empfohlenes Alter: 14-17 Jahre
Themen: Roadtrip, Flüchtling, Deutsche Kultur, Flucht, Freundschaft, Liebe, Iran   
Gebundene Ausgabe: 18,00€ (D)




Road Novel von Antonia Michaelis über zwei ungleiche Helden und sehr viele Kühe.
In einer Sommernacht lernen sie sich kennen: Sean, Student aus dem Iran, seit zwei Monaten in Deutschland, und Davy, aus dem Heim abgehauen, auf der Suche nach einem Freund. Beide werden Zeugen eines Überfalls. Von nun an verfolgt von Verbrechern und Polizei türmen sie zusammen quer durch Deutschland: über Erdbeerfelder, unter dunklen Gewitterwolken, durch Biergärten, im Heißluftballon, mit der Bahn und auf dem Moped. Immer wieder werden sie dabei von Kühen umzingelt, das scheint ihr Schicksal zu sein. Warum sonst sollte der Wagen mit Sean und dem Abschiebebescheid ausgerechnet auf dem Weg zum Flughafen in einer Kuhherde stecken bleiben?
Klug, skurril und komisch nimmt Antonia Michaelis ihre Leser mit auf eine Deutschlandreise aus Sicht eines Flüchtlings und erzählt die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft (Quelle: Amazon.de/ September 2018).



Ich persönlich kenne von Antonia Michaelis (bisher) nur die Jugendbücher, die allesamt im Oetinger Verlag erschienen sind. Jedes dieser Bücher ist wunderschön aufgemacht und hat das Markenzeichen des speziellen Schutzumschlags. In meinen vorherigen Rezensionen habe ich das auch schon mehrfach angesprochen: Nimmt man den Schutzumschlag ab, so gibt es immer eine besonders kreative Überraschung, die einen erwartet. Manchmal ist es einfach nur ein Gag zum Buchtitel, ein anderes mal verbirgt sich darin ein Hinweis auf den Verlauf der Geschichte oder ein Symbol, das man erst nach dem Lesen des Buches zu deuten weiß. Ich liebe diese Gestaltung so sehr und auch bei diesem neuen Buch ist diese mal wieder unfassbar gelungen, oder was meint ihr?

Links das Buch mit Schutzumschlag, rechts ohne den Schutzumschlag


In dieser Geschichte geht es um den jungen Shayan, der sich in Deutschland der Einfachheit halber Sean nennen lässt und mit dem kleinen Jungen Davy auf einen Roadtrip geht. Sean wird nämlich zufällig in einen Mordfall verwickelt und von der Polizei gesucht. Deshalb begeben sich die beiden Jungen auf einen waghalsigen Trip quer durch Deutschland, um nach Köln zu kommen und Sean aus der ganzen Angelegenheit raus zu pauken. Auf ihrer Reise treffen die beiden die unterschiedlichsten Menschen und erleben eine Menge skurriler Dinge - doch kann diese Flucht Sean tatsächlich vor dem Schlimmsten bewahren?

 
Mit dem Märchenerzähler hat meine Liebe zu Antonia Michaelis' Büchern vor einigen Jahren angefangen. Von da an habe ich jedes ihrer neuen Jugendbücher verschlungen, die immer ein aktuell brisantes Thema aufgreifen und neben der spannenden Haupthandlung auch zwischen den Zeilen unheimlich viel zu bieten haben. Deshalb wollte ich unbedingt auch dieses neue Buch hier lesen, das sich der Flüchtlingsthematik auf eine besondere Weise annimmt, da wir alles aus Seans Perspektive geschildert bekommen, und deshalb auch viel über Deutschlands Außenwirkung, die Sprache und viele Facetten der Gesellschaft aufgezeigt bekommen. 


Durch den brisanten Start der Bagpacker Reise des iranischen Studenten und des kleinen Jungen gibt es hier einen Roadtrip der etwas anderen Art und die Flucht vor der Polizei bietet ein spannendes Ausgangsszenario, was uns Leser definitiv an die Geschichte fesselt. Die Flüchtlingsthematik ist hier sehr gut in den Plot eingeflochten, ohne zu aufdringlich zu werden oder das hundertste Buch zu sein, in dem jemand seine Meinung in Buchform trocken niederschreiben muss. Es ist vielmehr ein spannendes Jugendbuch, das an die Thematik heranführt, ohne den Zeigefinger zu heben und Jugendlichen Lust machen soll, sich von sich aus näher damit auseinanderzusetzen. Der Untertitel des "Heldenepos" passt auch sehr gut zur Story, weil mir die Art und Weise des Erzählens auch hier wieder äußerst gut gefällt.
Antonia Michaelis steht in meinen Augen für eine Autorin, die die Augen nicht vor heiklen Themen verschließt und mit ihren Büchern Jugendliche und junge Erwachsene wach rütteln kann. Ihr Stil ist poetisch, kritisch und hat eine gewissen Schwere, die mich aber noch nie davon abgehalten hat, ihre Bücher im Nu zu verschlingen. Ich finde das ab und an eine schöne Abwechslung zu den lockeren "Zwischendurch" Geschichten, weil man hier so viel zum Nachdenken bekommt, als Leser manchmal selbst nicht so richtig weiß, was ab geht und dennoch interessiert weiterliest.

In dieser Geschichte habe ich etwas länger zum Lesen gebraucht, weil die Sprachbarrieren der Protagonisten ein großes Thema darstellen und der Stil deshalb verlangt, Dialoge gemächlicher zu lesen und über Seans Weltsicht nachzudenken. Davy hat auch ein etwas gewöhnungsbedürftiges Deutsch, dass ich manchmal schlechter verstehen konnte als Seans Deutsch, aber ihre Aussagen sind oft herrlich skurril und witzig, sodass mir dieses Element in der Story großen Spaß gemacht hat. Sowieso sind die einzelnen Figuren hier keinesfalls 0815, sondern allesamt unfassbar komplex und manche sehr undurchsichtig. Davy ist ein super liebenswerter Junge und Sean schlägt sich in seiner Situation sehr tapfer durch. Die zarte Freundschaft zwischen ihnen ist irgendwie rau, aber auch herzerwärmend und gibt der Geschichte eine schöne Note. Andere Charaktere wie Lotta konnte ich immer schlecht einschätzen, was einen dazu auffordert, wachsam zu bleiben und alle Figuren aus mehreren Winkeln zu beobachten. Alles in allem ist diese Geschichte hier nicht weniger besonders, als die anderen Geschichten der Autorin zuvor und hält soviel Stoff bereit, dass ich die Geschichte bestimmt drei mal lese könnte und immer noch nicht alles vollends begriffen und gedeutet hätte. 
So einzigartig und wendungsreich wie die Geschichten dieser Autorin sind, so schockierend, unerwartet und überraschend lassen sie einen am Ende meistens zurück. Auch hier enttäuschte mich das Ende ganz und gar nicht. Ich werde noch einige Zeit an dieser Geschichte zu knabbern haben, denn ein berühmter Schriftsteller sagte einmal, dass man einige Bücher ganz verdaut - dieses hier ist eines davon.

Ein ganz besonderes Buch über unsere gesellschaftlichen Schwachpunkte, die aktuellen politischen Themen, Freundschaft, Liebe und letztendlich einfach das Leben. Ich habe dieses Buch genossen, zwischendurch aber auch gehasst, gelitten und geliebt. Diese Geschichte ist ein Wechselbad der Gefühle, welches in wieder einmal jedem ans Herz legen kann, der den Stil der Autorin kennt und liebt oder auch, der mal abseits des Mainstream etwas ganz anderes in Sachen Jugendbuch lesen möchte. 

Alles Liebe

 

4 Kommentare:

  1. Hallo Fina,

    eigentlich muss ich dieses Buch schon deshalb lesen, weil es von Antonia Michaelis ist. Bisher hat mich noch keins ihrer Bücher enttäuscht, auch wenn es natürlich welche gab, die ich besser fand als die anderen. Gleichzeitig habe ich aber auch ein bisschen Angst dieses Buch zu lesen - Angst davor, das es mir nicht gefallen könnte. :x Deine Rezension macht mir allerdings Mut. Und die Sache mit dem Schutzumschlag (die mir bereits bei "Niemand liebt November", "Solange die Nachtigall singt" oder "Nashville" aufgefallen ist) ist hier ja mal ziemlich cool. :D

    Liebe Grüße
    Dana

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Dana,

      bist du auch so ein Fan von ihr? Wie cool! :D
      Ich habe auch schon die ein oder andere kleine Enttäuschung bei ihr erlebt (gerade bei "Die Attentäter war ich nicht so begeistert"), aber dennoch komme ich von der Autorin einfach nicht los - der Schreibstil ist einfach der Hammer und so besonders! Ich hoffe, dir wird das Buch gefallen :)

      LG
      Fina

      Löschen
    2. Hallo Fina,

      oh ja, ich liebe ihren Stil einfach! *o*
      Echt, du mochtest "Die Attentäter" nicht? :O Das gehört zu ihren Büchern, die ich am meisten mag ... was mochtest du daran nicht?

      LG, Dana

      Löschen
    3. Hallo Dana,

      ich kenn echt keine Autorin, die so einen besonderen Schreibstil hat, vor allem im Jugendbuch Bereich :)

      Mit dem Buch bin ich anfangs gar nicht warm geworden irgendwie...mit der Zeit wurde es schon immer packender und spannender, aber im Vergleich zum Märchenerzähler war ich danach etwas enttäuscht. Mal gucken, in welche Richtung ihr neues Buch gehen wird *_*

      Liebe Grüße
      Fina

      Löschen