Dienstag, 8. November 2022

[Rezension] Book of Night von Holly Black

Hallo ihr Lieben,

ich dachte immer, mein erstes Buch von Holly Black würde die "Elfenkrone" sein, aber nun kam diesem Jugendbuch ein anderes zuvor. "Book of Night" richtet sich explizit an Erwachsene Fantasy-Leser*innen und ich war sehr gespannt, wie ich es finden würde. Viel Spaß bei meiner Rezension!


Autorin: Holly Black
Originalsprache: Englisch
Übersetzerin: Diana Bürgel & Julian Müller
Kategorie: Fantasy/ Urban-Fantasy
Reihenauftakt
480 Seiten
Broschierte Ausgabe 18,00€ (D), Kindle Edition 14,99€ (D)
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*Dieses Buch hat mir der Knaur Verlag freundlicherweise als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Meine Meinung bleibt natürlich vollkommen ehrlich.*



In Charlie Halls Welt können Schatten manipuliert  werden, zur Unterhaltung, aber auch um Macht zu gewinnen. Und manchmal haben sie ein Eigenleben.
Charlie ist eine gewöhnliche Betrügerin, die als Barkeeperin arbeitet und versucht, sich von der Untergrundwelt des Schattenhandels zu distanzieren. Doch als eine Gestalt aus ihrer Vergangenheit zurückkehrt, wird Charlies Leben ins Chaos gestürzt. Entschlossen zu überleben, gerät sie in einen Strudel aus Geheimnissen und Mord, in dem sie es mit Doppelgängern, merkwürdigen Milliardären, Schattendieben und ihrer eigenen Schwester zu tun bekommt – die alle verzweifelt versuchen, die Magie der Schatten zu kontrollieren (Quelle: droemer-knaur.de/November2022).



Das Design des Buches hat mich schon mal komplett in seinen Bann gezogen. Ich finde den dunklen Grund mit der gold-schimmernden Schrift sehr mystisch. Das Mondmotiv in der Mitte passt perfekt zur Geschichte und auch die Schriftart des Titels wurde sehr passend ausgewählt. Hier hat sich jemand wirklich sehr viel Mühe gegeben, dass das Buch zum Blickfang in jedem Regal wird. Ich bin schon sehr gespannt zu erfahren, wie wohl der Folgeband aussehen wird...

 


Charlie Hall ist die geborene Diebin und deshalb auch hellhörig, als es um ein verschollenes Buch und einige mysteriöse Morde in der Stadt geht. Doch sobald Charlie sich in die Angelegenheit einmischt, gerät auch sie ins Blickfeld der Schattenmagier. Was hat ihr Freund Vince mit der ganzen Sache zu tun und welche Gefahren birgen lebendige Schatten wirklich? 



Als ich die Beschreibung des Buches gelesen habe, war mein Fantasyherz schon hin und weg. Ich finde es immer toll, wenn Bücher in Büchern eine Rolle spielen und in Kombination mit der Idee von Schattenmagie hatte diese Geschichte Highlight-Potenzial.


Ich war gespannt, wie mir Holly Blacks Schreibstil gefallen würde. Er ließ sich sehr locker lesen und ich kam sprachlich sehr schnell in die Geschichte hinein. Obwohl wir uns in einer düsteren, manchmal schmutzigen Welt bewegen, war die Sprache nicht zu umgangssprachlich und "dreckig", was mir gut gefallen hat. Dialoge und Beschreibungen kann die Autorin wirklich hervorragend schreiben, ich habe die Schauplätze häufig vor meinem inneren Auge gehabt. Ich würde den Stil eher als prägnant und schnörkellos bezeichnen, sodass Fans von poetischeren Büchern vielleicht nicht auf ihre Kosten kommen. Das hätte aber hier auch wirklich nicht in die Welt gepasst.


Was ich leider sehr vermisst habe, war ein ausgefeiltes Worldbuilding. Ich mag ausufernde Beschreibungen gar nicht so gerne, aber hier haben mir einige Erklärungen der Schattenmagie gefehlt. Schon von Beginn an wirft die Autorin mit Begriffen um sich: Gloamisten, Hierophanten, Puppeteer. Nach und nach kam ich von alleine dahinter, was bestimmte Begriffe bedeuten (Gloamisten sind zum Beispiel Menschen, deren Schatten lebendig geworden ist). Bei anderen Begriffen, die seltener aufgetaucht sind, weiß ich leider bis jetzt nicht, was sie bedeuten, da sie nur einmal kurz am Anfang erklärt wurden. In meinen Augen hätte es der Geschichte gut getan, entweder ein Glossar zu haben, oder weniger fremdartige Begriffe einzuführen, da diese für die Geschichte auch nicht relevant waren. Am Ende des Buches kann ich behaupten, dass ich die Welt der Schatten etwas durchdrungen habe, aber dafür war viel Konzentration beim Lesen notwendig. Generell ist die Idee der lebendigen Schatten genial und unverbraucht, aber sie hätte besser verpackt sein können.
In dem Wissen, dass es mehrere Bände geben soll, habe ich mir nun ein kleines Glossar mit den neuen Begriffen angelegt, um im nächsten Band nicht wieder bei null anzufangen.

Der Plot des Buches war sehr außergewöhnlich. Die Autorin hat es geschafft, mich immer wieder in verschiedene Richtungen zu schubsen, sodass ich dachte "Aha, dahin geht die Reise" und diese Idee im nächsten Moment wieder über den Haufen zu werfen. Das war einerseits spannend, weil die Geschichte so recht unvorhersehbar war, aber manchmal auch etwas ermüdend, da mir der rote Faden fehlte. Besonders im ersten Drittel des Buches passierte in meinen Augen recht wenig, weil Charlie selber noch nicht versteht, was um sie herum passiert. Etwas ausgebremst wird die Spannung zudem durch einige Rückblenden in Charlies Vergangenheit. Diese waren zwar wichtig, um zu verstehen, wie Charlie zur Diebin wurde und was in ihrer Kindheit für schlimme Dinge vorgefallen sind, haben aber nicht zum Vorankommen der Geschichte beigetragen.

Nach einem großen Wendepunkt in der Geschichte ging es dann aber richtig los, sodass ich sehr gefesselt wurde. Die letzten 200 Seiten habe ich in einem Rutsch gelesen, sodass es eine richtige Sogwirkung entwickelte. Also ein bisschen trifft "Vorne pfui, hinten hui" auf dieses Leseerlebnis zu. Wer durchhält, wird hier reich belohnt mit einem unfassbar actionreichen Ende.


Die Figuren der Geschichte sind in jedem Fall sehr besonders. Ich brauchte meine Zeit, um Charlie zu verstehen und kann bis jetzt nicht behaupten, mit ihr zu 100% warm geworden zu sein. Das muss und soll man aber auch gar nicht, sie ist eine Antiheldin, wie sie im Buche steht. Dickköpfig, mutig und clever schlägt sich Charlie durch ein eher tristes Leben und hat gelernt, mit Abweisung und Einsamkeit umzugehen. Ich habe sie als sehr vielschichtige Protagonistin erlebt und möchte noch viel mehr über sie erfahren. Die anderen Figuren sind ebenfalls speziell, fast jeder scheint zwei Gesichter zu haben. Das schürt nicht nur Charlies Mistrauen, sondern auch unseres, was mir gefallen hat. Charaktere kann Holly Black definitiv wunderbar zeichnen und mit sehr viel (düsterem) Leben füllen.

Das Ende des Buches toppt alles und lässt mich wehmütig auf den zweiten Band warten. Da es eher offen gehalten ist, sind viele Fragen noch unbeantwortet. Ich hoffe, die Autorin schreibt nicht mehr allzu lang an Band 2 und der Verlag übersetzt es dann zeitnah.

  

Holly Black hat mit "Book of Night" ein sehr spannendes Fantasy-Thema aufgebracht, die Welt der lebendigen Schatten. Ich hatte meine Einstiegschwierigkeiten, da mir das Worldbuilding hier zu kurz kam. Ab der Hälfte hat mich die Autorin dann mit ihrem fesselnden Schreibstil und den tiefgründigen Figuren packen können. Hier heißt es durchhalten, bis sich die Stärken und das große Potenzial der Geschichte zeigen. Nach diesem fulminanten Ende freue ich mich extrem auf den zweiten Band.

Alles Liebe
 








Herzlichen Dank an den Knaur Verlag für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars!