Freitag, 17. März 2023

[Rezension] Unsere Zukunft flirrt am Horizont von Adriana Popescu

Hallo ihr Lieben,

Adriana Popescu habe ich schon vor einigen Jahren als Autorin für mich entdeckt. Erst durch ihre tiefgründigen Jugendromane, wie "Morgen irgendwo am Meer", und anschließend auch mit ihrem Erwachsenenroman "Goldene Zeiten im Gepäck". Sie ist nicht nur vielseitig, sie schreibt jede Geschichte mit ganz viel Herzblut und Tiefgang. Ob ihr neuer Jugendroman daran anknüpfen kann, erfahrt ihr jetzt - viel Spaß!


Autorin: Adriana Popescu
Originalsprache: Deutsch
Kategorie: Jugendbuch
Altersempfehlung: Ab 14 Jahren
Einzelband
544 Seiten
Broschierte Ausgabe 13,00€ (D), Kindle Edition 4,99€ (D)
Kaufen? Beim Verlag oder in deinem regionalen Buchhandel 


*Dieses Buch hat mir der cbt Verlag über das Bloggerportal freundlicherweise als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Meine Meinung bleibt dennoch vollkommen ehrlich.*



Drei Leben – drei Herausforderungen – drei Chancen auf die Zukunft

Simon, Lia und Marcin haben absolut nichts gemeinsam. Davon sind die drei überzeugt. Na ja, außer, dass sie alle in derselben Einrichtung Sozialstunden ableisten müssen. Denn jeder von ihnen hat schweren Mist gebaut. Und jeder von ihnen hat auch noch eine Menge Mist im Gepäck. Von außen sind ihre Rollen klar: das bei allen in der Schule beliebte hübsche Mädchen, der unauffällige Typ, der kein Wässerchen trübt und der ultracoole Kerl, der sicher was Heftiges verbrochen hat. Doch wenn die drei im Laufe der nächsten Monate eines von- und miteinander lernen, dann, dass keine Geschichte so einfach ist, wie sie von außen scheint. Und dass, nur wenn man sehr genau hinsieht, so etwas wie wahre Freundschaft – oder gar Liebe – entstehen kann (Quelle: www.penguinrandomhouse.de/März2023).



Die Cover von Adriana Popescus Büchern, die im cbt Verlag erschienen sind, passen alle gut zusammen, und sind dennoch alle ganz unterschiedlich. Wir haben es wieder mit einer hochwertigen Klappenbroschur zu tun, und diesmal eher gedeckten Farben. Nachdem "Wie ein Schatten im Sommer" ziemlich knallig gelb war, ist "Unsere Zukunft flirrt am Horizont" hauptsächlich beige und hat einen orangen Buchrücken. Auf dem Cover sind die Silhouetten von drei Personen beim Sonnenunter- oder aufgang zu sehen, vermutlich unsere drei Protagonisten. Dadurch hat die Gestaltung direkt etwas sentimentales, und ich wurde neugierig, was mich wohl für eine Geschichte erwarten würde.


Die drei Jugendlichen Simon, Lia und Marcin treffen in dem Seniorenheim Schattige Pinie aufeinander, um Sozialstunden abzuleisten. Während sie alle für ihre Taten individuelle, und teilweise auch nachvollziehbare Gründe haben, verstehen sie sich erst mal nicht besonders gut. Doch so unterschiedlich die drei auch scheinen, mit der Zeit finden sie ineinander Verbündete fürs Leben und vielleicht sogar tiefe Zuneigung, die über Freundschaft hinausgeht...

 


Obwohl die Ausgangsideen für Adriana Popescus Bücher meistens das gewisse Etwas haben, was man bisher selten gelesen hat, stammen die Geschichten trotzdem immer mitten aus dem Leben. So auch hier, denn das Thema Sozialstunden und Straftaten bei Jugendlichen ist brandaktuell. Was erst mal vielleicht befremdlich oder nach einer "Brennpunkt" Geschichte klingen könnte, ist am Ende eine zutiefst berührende und nahbare Geschichte über Einzelschicksale und den Wert der Freundschaft.

Wir erleben die Geschichte aus drei Perspektiven, wobei die meisten Kapitel nur recht wenige Seiten haben. Das hat bei mir dazu geführt, dass ich sehr schnell durch die Geschichte gerast bin, getreu dem Motto "Ein Kapitel geht noch!".
Während wir bei Simon schon zu Beginn grob erfahren, weshalb er Sozialstunden ableisten muss, bleibt es bei Lia und Marcin längere Zeit etwas undurchsichtig. Das hat anfangs zu einem leichten Ungleichgewicht geführt, sodass ich mich Simon direkt etwas näher fühlte, im weiteren Handlungsverlauf löste sich das allerdings auf. Zudem haben mich diese Fragen bei der Stange gehalten, weil ich unbedingt wissen wollte, welche Schicksale hinter Marcins und Lias Zeit in der Schattigen Pinie stecken.


Die Entwicklung der Geschichte ist genauso, wie ich es von Adriana Popescu gewohnt bin. Was zuerst befremdlich und distanziert wirkt, wird im Verlauf der Geschichte richtig greifbar und echt. Das trifft zum einen auf das gesamte Setting und die Szenerie im Seniorenheim zu (Fans von "Goldene Zeiten im Gepäck" dürften sich in der Schattigen Pinie bereits etwas heimisch fühlen ;-)). Ich liebe es, wie Adriana Popescu über die älteren Menschen schreibt und welche berührende Situationen dort entstehen. Diese Begegnungen scheinen auch unsere Protagonisten zu erwärmen, denn das Seniorenheim wird zu dem Rückzugsort, an dem die drei sich annähern und sich eine wunderbare Freundschaft entspinnt. Zudem wird der Alltag der drei Protagonisten miterzählt, sodass wir auch Familie und Freunde der drei kennenlernen. Ich konnte mich gut in ihre Lebenssituationen einfühlen, was mal schön, und mal schmerzhaft war. Es ist erstaunlich, wie man von "Wie kann jemand eine Straftat begehen?" zu "Okay, dass kann ich nachvollziehen" schwenken kann. Denn es lohnt sich hinter die Fassaden zu schauen.


Das eigentliche Herzstück der Geschichte sind aber wieder mal die Figuren. Ich kenne kaum eine Jugendbuchautorin, die Charaktere so plastisch und fühlbar schreiben kann. Mit der Zeit habe ich Simon, Lia und Marcin sehr ins Herz geschlossen, wobei ich mich in Lia am besten hineinversetzen konnte. Bei ihr steht vor allem die brüchige Beziehung zu ihrer jüngeren Schwester im Vordergrund, die ich als sehr echt und bedrückend empfunden habe. Doch auch Simon und Marcin waren sehr konsistente, realistische Charaktere, die ihr eigenes Päckchen zu tragen haben. Im Gegensatz zu vielen anderen Geschichten schafft die Autorin es, auch Nebenfiguren sehr gut zu zeichnen, sodass diese die Handlung maßgeblich mittragen. Sei es Lias besagte Schwester Hannah, Simons bester Freund Richard oder Marcins Nachbarin Frau Waible. Sie alle haben ihren festen Platz in der Geschichte und machen das Buch so lebendig, wie es nun ist. 

Das Ende war wieder typisch Adriana Popescu und hat mich sehr bewegt. Mit jeder Seite wird das Buch emotionaler, bis ich die Figuren überhaupt nicht mehr ziehen lassen wollte. Und in aller Wehmut schafft es die Autorin dennoch immer, dass man das Buch auch hoffnungsvoll und mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen zuschlägt.

  

Adriana Popescu ist für mich ein Garant für emotionale, tiefgründige Geschichten, und dabei bildet "Unsere Zukunft flirrt am Horizont" keine Ausnahme. Was am Anfang noch etwas distanziert wirkt, wird schnell zu einer Achterbahnfahrt der Gefühle mit viel Schmerz, aber auch lustigen Momenten und Zuversicht. Fans der Autorin haben das Buch sicherlich schon auf dem Schirm, aber ich würde jedem empfehlen, es mal mit einem Buch der Autorin zu probieren - einfach großartig!




Alles Liebe
Vielen herzlichen Dank an den cbt Verlag und das Bloggerportal für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars!