Montag, 3. April 2023

[Rezension] Gallant - Im Garten der Schatten von V. E. Schwab

Hallo ihr Lieben,

schon lange fiebere ich dem Lesen von "Gallant" entgegen, nachdem das Buch im englischsprachigen Raum sehr gut angekommen ist. Spätestens seit "Das unsichtbare Leben der Addie LaRue" bin ich der Autorin verfallen und möchte alles aus ihrer Feder lesen. Ob "Gallant" meinen hohen Erwartungen gerecht werden konnte, erzähle ich euch jetzt - viel Spaß!


Autorin: V. E. Schwab
Originalsprache: Englisch
Originaltitel: Gallant
Kategorie: Fantasy/ Gothic
Einzelband
352 Seiten
Gebundene Ausgabe 22,00€ (D), Kindle Edition 14,99€ (D)
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*Dieses Buch hat mir der Fischer Tor Verlag freundlicherweise als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Meine Meinung bleibt dennoch vollkommen ehrlich.*



Olivia Prior ist in einem Waisenhaus aufgewachsen. Ihren Vater hat sie nie getroffen, und die Stimme ihrer Mutter hat sie schon längst vergessen. Geblieben ist ihr nur das Tagebuch ihrer Mutter. Es ist voller Rätsel und seltsamer Zeichnungen, die sie eines Tages zu enträtseln hofft. Ihr Leben in dem Heim ist alles andere als einfach, denn sie kann nicht sprechen und kommuniziert mit Hilfe einer alten Schiefertafel. Außerdem sieht sie die Geister der Toten, die ewig stumm das Treiben der Lebenden beobachten. Angst vor ihnen hat sie nicht, schon weil sich Olivia selbst fühlt wie lebendig begraben. Doch alles ändert sich, als ein Brief ihres Onkels in der Schule eintrifft, der sie einlädt, zum Stammsitz ihrer Familie zu kommen. Für Olivia ist es eine einmalige Chance, mehr über das Schicksal ihrer Eltern herauszufinden. Doch sie ahnt: Der Preis, den sie dafür zu zahlen hat, wird hoch sein… 



Bei "Gallant" wurde nicht nur der Titel aus dem amerikanischen Englisch beibehalten (und lediglich um einen Untertitel ergänzt), sondern auch das Originalcover. Diesen Umstand finde ich sehr gut, weil ich großer Fan der Gestaltung bin. Die beiden gespiegelten Häuser in Schwarz und Rot mit dem prägnanten Eingangstor passen hervorragend zur Geschichte. Auch die Rosenapplikationen treffen genau meinen Geschmack und Rahmen das ganze Bild im wahrsten Sinne des Wortes perfekt ein. Besonders hervorheben möchte ich hier noch die Innengestaltung, denn das Buch enthält zahlreiche schwarz-weiß Illustrationen von Manuel Sumberak, die mein Leseerlebnis sehr aufgewertet haben. Sie sind fester Bestandteil der Handlung und einfach herrlich stimmungsvoll.



Olivia kann es kaum fassen, als sie den Brief eines unbekannten Onkels in den Händen hält, der sie aus dem Waisenhaus herausbringen kann. Sie bricht auf nach Gallant, doch dort ist alles anders als sie dachte. Ihr Onkel ist nicht dort, stattdessen trifft sie auf einen Cousin, der Olivia schnellstmöglich wieder loswerden möchte. Doch Gallant hat Olivia bereits in seinen Bann gezogen und wird das Mädchen nicht einfach wieder gehen lassen...



V. E. Schwab steht in meinen Augen für sehr außergewöhnliche Geschichten, die fantastische Elemente haben, aber doch vordergründig die Schicksale besonderer Menschen erzählen. So war es schon bei Addie und ihrem unsichtbaren Leben, und auch Olivia Prior würde ich als sehr besondere Protagonistin beschreiben.
Wir lernen Olivia im Waisenhaus kennen, in dem sie ihr gesamtes Leben verbracht hat. Von ihrer Familie weiß sie nicht viel, außer dem Tagebuch ihrer Mutter gibt es keine Anhaltspunkte. Deshalb ist es umso überraschender für sie als der Brief ihres Onkels ihre Zukunft vollkommen zu verändern scheint...


Ich brauchte ein paar Seiten, um in die Geschichte hineinzufinden. Das lag zum einem an dem Schreibstil von V. E. Schwab, den ich als bildgewaltig und poetisch beschreiben möchte. Dieser ist ein großer Pluspunkt des Buches, führt aber auch dazu, dass ich das Buch eher etwas langsamer gelesen habe, um mir die sprachlichen Bilder auf der Zunge zergehen zu lassen. Dafür hatte die Geschichte eine umso größere Sogwirkung, als ich einmal angekommen war. Ich hätte so viele wunderbare Zitate herausschreiben können, die Autorin ist eine Meisterin der Wort-Akrobatik und schafft äußerst lebendige Beschreibungen. Dies sorgte im gesamtem Buch für eine besonders dichte Atmosphäre und jede Menge Mystik.

Die Handlung ist sehr einzigartig, wird aber eher in einem langsamen Tempo erzählt, was man wissen sollte. Wie bereits bei "Das unsichtbare Leben der Addie LaRue" konzentriert sich die Autorin vordergründig auf die Charakterentwicklung und das Ungesagte zwischen den Zeilen. Deshalb kann ich mir vorstellen, dass actionliebenden Leseratten vielleicht etwas zu wenig passiert, was mich allerdings gar nicht störte. Die gesamte düstere Stimmung des Buches war so einnehmend, das gar kein Raum für mehr Handlung blieb. Was genau passiert und in welche Richtung es geht, möchte ich gar nicht vorwegnehmen. Es lohnt sich, die mystischen Elemente der Geschichte und ganz Gallant mit Olivia zusammen zu erkunden.
Am Ende überschlagen sich die Ereignisse aber nochmal, sodass ich kaum noch zu Atem kam. Hier hätte sich die Autorin für meinen Geschmack sogar etwas mehr Zeit lassen können, um die Geschehnisse ausführlicher zu berichten.




Das Herzstück der Geschichte ist Olivia Prior. V. E. Schwab lässt sich besonders zu Anfang in den Szenen im Waisenhaus viel Zeit, um Olivia genaustens einzuführen. Sie ist ein junges Mädchen, stumm, und hatte im Leben bisher wirklich kein einfaches Los. Sie wird im Waisenhaus eher wie eine Aussätzige behandelt, weiß sich allerdings auch zu wehren. Doch ihr sehnlichster Wunsch ist es eigentlich, mehr über ihre Mutter zu erfahren, deren Tagebuch eher für Verwirrung sorgt, als dass es Olivia Antworten liefert. Doch eines ist sicher: die Zeilen warnen sie davor, nach Gallant zurückzukehren. Und dennoch tut Olivia das in Folge des Briefes ihres Onkels. Nachdem Olivia auf Gallant angekommen ist, durchläuft das Mädchen trotz der wenigen Seiten des Buches eine spannende Entwicklung und ich habe mehrmals innegehalten, um alle Gedanken dazu zu verarbeiten. Ich habe mich Olivia nahe gefühlt, auch wenn ich sie bis zum Ende nicht vollends greifen konnte. Aber ich vermute, dass sollen wir auch gar nicht, denn so richtig ist Olivia nicht von unserer Welt...

Das Ende hat mir sehr gefallen, weil es, ganz im Stil der Autorin, kein Friede-Freude-Eierkuchen-Ende ist, sondern wie ihre Geschichten eher grau und mehrdeutig ist. So ganz losgelassen hat mich die Geschichte auch jetzt, drei Tage nach dem Beenden, noch nicht. Das ist ein sehr gutes Zeichen dafür, dass mir diese besondere Geschichte lange in Erinnerung bleiben wird. Es ist erfrischend zu sehen, dass auch ein Einzelband in der Fantasy so überzeugen kann.




"Gallant" konnte meine Erwartungen bis auf kleine Schwierigkeiten beim Einstieg in die Geschichte sehr gut erfüllen. Es ist ein ebenso besonderes Buch wie "Addie LaRue", weshalb ich Fans dieser Geschichte auch Olivias Geschichte sehr ans Herz legen möchte. Das Buch ist sehr düster, mehrschichtig und atmosphärisch, weshalb ich es eher langsam gelesen habe, um jede Zeile dieses grandiosen Schreibstils zu genießen. Ich freue mich jetzt schon auf alle weiteren Werke der Autorin und denke sicherlich noch lange an "Gallant" zurück.


Alles Liebe




Vielen herzlichen Dank an den Fischer Tor Verlag und das Bloggerportal für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars!