Dienstag, 9. April 2024

[Rezension] Silberne Geister von Silvia Moreno-Garcia

Hallo ihr Lieben,

lest ihr gerne gruselige Bücher und Horror? Ich habe dahingehend wenig Erfahrung, war aber zuletzt sehr begeistert von "Der mexikanische Fluch" von Silvia Moreno-Garcia. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, als ich diesen neuen Roman in der Vorschau gesehen habe. Wir sind wieder in Mexiko, diesmal in den 90er Jahren und bekommen Einblicke in das mexikanische Filmbusiness. Viel Spaß bei meiner Rezension!


Autorin: Silvia Moreno-Garcia
Verlag: Limes
Originalsprache: Englisch
Originaltitel: Silver Nitrate
Kategorie: Fantasy/ Horror
Einzelband
496 Seiten
Broschierte Ausgabe 18,00€ (D), E-Book 12,99€ (D)
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*Dieses Buch hat mir der Limes Verlag über das Bloggerportal freundlicherweise als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Meine Meinung bleibt natürlich vollkommen ehrlich.*


Bedrohliche Séancen, hochentzündliche Filmrollen und ein untoter Okkultist der Nazis – und mittendrin eine ungewöhnliche Protagonistin mit einer Vorliebe für Horrorfilme.
Die kluge Montserrat schlägt sich als Außenseiterin in einer Männerdomäne durch: im mexikanischen Filmbusiness. Der einzige Mensch, der ihr lieb und teuer ist, ist ihr Jugendfreund Tristán, der als Soap-Darsteller unter Auftragsarmut leidet. Als sie und Tristán das Angebot bekommen, einen nie produzierten legendären Horrorfilm zu vollenden, schlagen sie ein. Doch der Filmstreifen ist mit einem dunklen Fluch belegt, der alle ins Unglück stürzt, die an ihm arbeiten ... Und das ist längst nicht alles! Der Geist eines teuflischen Okkultisten der Nazis steht an der Schwelle zum Reich der Lebenden, und Montserrat und Tristán müssen ihn und seine Anhänger um jeden Preis aufhalten (Quelle: www.penguin.de/April2024).



Die Optik des Buches ist sehr gelungen, für mich war es direkt ein echter Hingucker. Das düstere Cover mit dem rauchenden Mund, dazu die Filmrollen-Elemente und der schwarze Buchschnitt machen eine tolle Atmosphäre. Ich finde es etwas schade, dass das Buch im Gegensatz zu den anderen beiden Werken der Autorin als Broschur erschienen ist, aber ansonsten finde ich die Aufmachung mehr als gelungen.


Montserrat ist die einzige Frau in einer Männerdomäne und bekommt kaum noch Aufträge als Soundeditorin. Da kommt es ihr gelegen, dass ihr Freund aus Kindheitstagen, Tristán, einen ehemals sehr bekannten Produzenten auftut und mit ihm in Kontakt tritt. Montserrat wittert die Gelegenheit für eine Story und schließt sich den beiden an. Doch schnell geraten die beiden in Verwicklungen okkultistischer Natur, in denen Filme eine besondere Rolle spielen. Schaffen es die beiden unbeschadet aus diesem Spiel mit dem Feuer wieder heraus?


Ich mag Horrorfilme sehr gerne, in literarischer Form habe ich bisher selten Romane mit paranormalen Einflüssen, Kulten und Geistern gelesen. Doch Silvia Moreno-Garcia hat mich mit "Der mexikanische Fluch" auf den Geschmack gebracht und vom Klappentext her versprach dieses Buch ebenso Gruselfaktor und Gänsehaut.

Wir bekommen das gesamte Buch über viele Einblicke in die mexikanische Filmindustrie. Ich kam gar nicht mehr mit, so viele Filmtitel und namenhafte Schauspieler, Regisseure und Produzenten wurden hier genannt. Manchmal war es mir schon fast etwas zu viel des Guten, aber grundsätzlich gibt die Autorin hier spannende Einblicke, wie die mexikanische Filmindustrie unter der Amerikanisierung litt und dennoch viele gute Filme hervorbrachte.
Die Stimmung der 90er wurde, soweit ich das beurteilen kann als Kind der 2000er, gut umgesetzt und durch die Nennung popkultureller Einflüsse, Markenprodukte, Film und Musik gut eingefangen.

Vom Plot her passierte für meinen Geschmack zu lange zu wenig. In "Der mexikanische Fluch" haben wir auch keine Knall-auf-Fall-Handlung, aber es herrschte permanent eine unbehagliche, aufgeladene Spannung, die ich hier nicht spüren konnte. Wir lernen Montserrat und ihren Alltag intensiv kennen, aber selbst als sie und Tristán den Produzenten kennenlernen, braucht die Geschichte noch lange, um in Gang zu kommen. Den ersten Gänsehaut-Moment hatte ich nach Seite 200, was ich für ein Buch, das gruseln und schocken soll, zu spät finde. Generell ist der Gruselfaktor hier eher subtil. Die Handlung spitzt sich nach und nach zu, aber ich hätte mir frühzeitiger Horrorelemente gewünscht, sodass ich mehr gepackt und bei der Stange gehalten werde.

Thematisch ist das Buch sehr anders als "Der mexikanische Fluch" und geht mehr in die Richtung Okkultismus, was viel Potenzial birgt. Hat die Autorin dieses ausgeschöpft? Mal mehr, mal weniger. Sie hat das ganze in den historischen Kontext des Nationalsozialismus gesetzt, was ich nicht gebraucht hätte. So haben wir historische Rückgriffe, die aber die Handlung nicht wirklich tragen und auch nicht zur Spannung des Plots beitragen. Für meinen Geschmack hätte es diese Einbettung nicht geben müssen.


Die Figuren sind ein wichtiger Bestandteil der Geschichte, besonders unter dem Gesichtspunkt der Beziehung zwischen Montserrat und Tristán. Die beiden lieben sich auf eine sehr innige Weise, die sie nicht durch Körperlichkeit oder den Versuch einer Partnerschaft ruinieren. Gleichzeitig stoßen sie immer wieder aneinander und reiben sich, was zu ordentlich Spannung zwischen den beiden führt. Diese Beziehungsstudie ist recht interessant, der Knackpunkt ist aber, dass ich beide nicht sonderlich sympathisch fand. Montserrat ist sehr launisch, man kann es ihr nie recht machen und gleichzeitig fordert sie viel von ihren Mitmenschen. Ich hätte sie gerne als emanzipierte Soundeditorin verstanden, aber sie verschafft sich lediglich durch Wutausbrüche und Zickerei Gehör. Tristán war ein Fünkchen sympathischer; er kommt nicht über sein frühes Karriereaus als Soap-Star hinweg, versucht wieder im Filmgeschäft Fuß zu fassen und trauert seiner letzten Beziehung hinterher. Montserrat mag er sehr, lässt sich von Fräulein Rühr mich nicht an jedoch stark verunsichern. Die Nebenfiguren blieben etwas blass, allen voran die Gemeinschaft um den Filmproduzenten Urueta, bis jetzt konnte ich die anderen nicht auseinanderhalten. Die Autorin hat es leider nicht geschafft, ihnen Tiefe zu verleihen, vielleicht, weil nicht mit ihnen sondern über sie gesprochen wurde. Hier hätte ich mir gut Rückblenden zur damaligen Filmproduktion vorstellen können. Alles in allem nicht das gelbe vom Ei, da einfach niemand so richtig fühlbar wurde und meine Sympathie gewinnen konnte.

Das Ende war in Ordnung. Die Spannung schraubte sich noch einmal hoch und insgesamt konnte ich mit dem Ausgang der Geschichte gut leben. Das macht leider nicht den zähen Mittelteil der Geschichte wett, sodass ich insgesamt leider kein großer Fan der Geschichte war. Ich hoffe, dass mir "Die Tochter des Dr. Moreau" besser gefallen wird.


Mit "Silberne Geister" konnte Silvia Moreno-Garcia leider nicht an den Erfolg von "Der mexikanische Fluch" anknüpfen. Alles, was ich an diesem Buch geliebt habe - die bedrohliche Spannung in der Luft, die verunsicherten Figuren, die unerwarteten Wendungen - konnte dieses hier nicht einlösen. Ich werde der Autorin defintiv nochmal eine Chance geben, aber dieses Buch war nicht so sehr nach meinem Geschmack. Wenn ihr Fans von subtilem Grusel und Kulten seid, könnt ihr ja mal reinlesen. Ich freue mich über weitere Empfehlungen aus diesem Subgenre.


Alles Liebe




Vielen herzlichen Dank an den Limes Verlag und das Bloggerportal für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars!