Mittwoch, 26. Juni 2024

[Rezension] Hold still von Nina LaCour

Hallo ihr Lieben,

habt ihr Autoren, die eure Kindheit und Jugend geprägt haben?

Nina LaCour ist eine Autorin, die ich mit ca. 12 Jahren für mich entdeckt habe und die einige meiner liebsten Coming-of-Age Romane geschrieben hat. Besonders Alles okay hat mich damals total berührt. Ich fands so schön zu sehen, dass der Fischer Verlag nun "Hold still" herausgebracht hat und nun viele, viele weitere Jugendliche ihre Bücher entdecken können. Viel Spaß bei meiner Rezension!


Autorin: 
Nina LaCour
Verlag: Fischer Sauerländer
Originalsprache: Englisch
Übersetzung: Nina Schindler
Kategorie: Jugendroman/ Coming-of-Age
Altersempfehlung: Ab 14 Jahren
Einzelband
320 Seiten
Taschenbuch 9,90€ (D), E-Book 8,99€ (D)
Kaufen? Beim Verlag oder in deinem regionalen Buchhandel


*Dieses Buch hat mir der Fischer Verlag freundlicherweise als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Meine Meinung bleibt natürlich vollkommen ehrlich.*


Das Tagebuch der besten Freundin ist tabu. Es sei denn, diese Freundin hat sich das Leben genommen und das Buch unter deinem Bett versteckt. Dann musst du es lesen.

Am Abend hatte Ingrid noch gesagt: »Ich werde immer da sein, wo du auch bist, Caitlin.« Am nächsten Morgen war sie fort. Für immer. Ihre beste und einzige Freundin hat sich umgebracht. Caitlins Welt bricht auseinander und ihr Herz gleich mit. Warum hat sie nicht gemerkt, dass es Ingrid so schlecht geht? Warum hat Ingrid nicht mit ihr geredet? Dafür sind Freunde doch da: Sie verstehen, was Eltern nicht verstehen. Doch dann macht Caitlin eine Entdeckung und erfährt Dinge über ihre Freundin, von denen sie nicht einmal geahnt hat. Fast mehr, als sie ertragen kann. Endlich kann sie Abschied nehmen (Quelle: fischerverlage.de/Juni2024).



Ich finde das Cover des Buches richtig cool, es ist schlicht, aber hat gleichzeitig was besonderes. Der Lachston des Hintergrunds in Verbindung mit den türkisen Elementen ist ziemlich verrückt, aber ein absoluter Eyecatcher. Ich hoffe sehr, dass bald Watch over me übersetzt wird, das Cover passt nämlich wunderbar zu diesem hier und der Klappentext klingt auch sooo gut!


Caitlin fühlt sich mutterseelenallein als ihre Freundin Ingrid sich wie aus dem Nichts das Leben nimmt. Ihr Unverständnis darüber empfindet Caitlin als quälend, sodass sie in dem Tagebuch ihrer verstorbenen Freundin nach Antworten sucht und diese auch findet. Und obwohl sie so erschreckend und aufwühlend sind, gibt es Caitlin auch ein bisschen Heilung und die Chance, Stück für Stück Abschied zu nehmen.



Die Geschichte von mir und diesem Buch war unverhofft sehr lustig, obwohl die Thematik des Buches sehr traurig ist. Ich habe begonnen, dieses Buch zu lesen, war sofort gefangen genommen von Nina LaCours Sprache und der bedrückenden Atmosphäre, aber hatte immer mal den Gedanken "Irgendwie kommt dir das bekannt vor". Am Ende war es der Satz "Ich werde immer da sein, wo du auch bist" der Klick gemacht hat. Ich habe damals in meiner Nina LaCour Phase auch dieses Buch gelesen, nur hieß es damals anders und sah ganz anders aus (ich habe euch hier ein Foto gemacht). Dass es sich hierbei um eine Neuauflage handelt, ist völlig an mir vorbei gegangen. Aber letztendlich war ich dankbar, dass es mir einen unverhofften Reread beschert hat.

Wir begleiten hier Caitlin, eine Teenagerin, bei ihrem Weg durch die Trauer. Es ist immer furchtbar, einen geliebten Menschen zu verlieren, aber hier kommt dazu, dass Caitlin und ihre Freundin Ingrid so jung sind, es also nochmal schwieriger sein kann, Verlust zu verarbeiten und der Suizid von Ingrid sehr plötzlich für Caitlin passiert. Deshalb war es umso beeindruckender, wie Nina LaCour Caitlins Gedanken darstellt, es ist so viel Schmerz und Unverständnis daraus herauszulesen. Ingrids Geschichte lernen wir in Form von Tagebucheinträgen kennen, die sehr intim sind, aber sich ebenso ungeschönt und echt anfühlen.
Wie ihr aus den Themen schon herauslesen könnt, ist diese Lektüre nicht leicht, aber sehr wichtig und atmosphärisch. Die Autorin nimmt sich diesem sensiblen Thema mit sehr viel Feingefühl an und schafft es trotz der Schwere auch eine gewisse Hoffnung und Leichtigkeit einfließen zu lassen - das muss man erst mal schaffen.

Die Figuren sind in dieser Geschichte so realistisch gezeichnet, dass es manchmal fast schon erschreckend ist. Caitlin und Ingrid habe ich mich unheimlich nahe gefühlt und habe ihre Gedanken und Emotionen zu 100% nachfühlen können. Die anderen Figuren nehmen den beiden keinen Raum weg, aber sind auch alle so wichtig für die Geschichte und tragen viel zu Caitlins Heilung bei.

Die Autorin schafft es sehr gut zu vermitteln, dass es nicht darum geht, einen Menschen zu ersetzen, sondern dass das Umfeld eine große Rolle in der Trauerverarbeitung spielen kann (nicht muss, das ist sehr individuell), und wir uns erlauben können, neue liebe Menschen in unser Leben zu lassen. 

Das Buch wird mit "Tote Mädchen lügen nicht" verglichen, was hinsichtlich der Thematik natürlich naheliegt. Ich möchte aber nochmal betonen, dass dieses Buch hier nochmal mehr Fokus auf Ingrid legt und mich persönlich mehr emotional einnehmen konnte als es "Tote Mädchen lügen nicht" getan hat. Beide Werke sind eine sehr hilfreiche Stütze, wenn es um Suizidprävention geht, weshalb ich mir wünschen würde, dass "Hold still" häufig als Schullektüre verwendet wird. 

Das Ende ist typisch Nina LaCour bittersüß und für die Geschichte perfekt. Ich habe tatsächlich geweint (wie beim ersten Lesen damals vermutlich auch schon) und wurde trotz aller Schwere und Niedergeschlagenheit mit einer Prise Hoffnung und dem Gedanken, wie schön das Leben ist, entlassen. Einfach eine Kunst darzustellen, wie nahe Freud und Leid beieinanderliegen können.



"Hold still" von Nina LaCour ist eine Neuauflage von "Ich werde immer da sein, wo du auch bist" aus dem Jahr 2017. Das heißt alle Leseratten, die ungefähr in meinem Alter sind, kennen dieses Buch möglicherweise aus ihrer Jugend. Das sollte aber niemanden davon abhalten das Buch (nochmal) zu lesen, denn es ist so berührend und so wichtig. Ich habe mich abermals vollkommen in der Geschichte verloren und liebe Nina LaCours Bücher für ihre bittersüße Note. Bitte, lieber Fischer Verlag, übersetzt noch mehr Bücher der Autorin.



Alles Liebe  



Vielen herzlichen Dank an den Fischer Verlag für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars!