Dienstag, 15. September 2015

[Rezension] "Solitaire" von Alice Oseman

Autorin: Alice Oseman
Verlag: dtv
Gebundene Ausgabe
Seitenzahl: 368 Seiten
Teil einer Reihe? Ein Einzelband.
Genre: Jugendroman
Empfohlenes Alter: 14-16 Jahre
Themen: Highschool, Freundschaft, Familie, Wut, Trauer, Isolation, Social Networks, Geheimnisse, Gruppierung

Preis: 16,95€ (D)

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Die sechzehnjährige Tori Spring hat das Gefühl, dass sie sich zwischen Weltschmerz, Erfolgsdruck, dem Zwang, ihre Zukunft planen, sich selbst finden und jetzt eigentlich die beste Zeit ihres Lebens haben zu MÜSSEN, verliert. Dass sie kurz davor ist, zu zerbrechen an der Gleichgültigkeit der Welt. Dass sich daran auch im neuen Jahr nichts ändern, dass wieder nichts passieren wird. Und dann passiert doch etwas: Tori trifft auf Michael Holden. Eigentlich verkörpert Michael mit seinem Enthusiasmus und der schwarzen Hipster-Brille all das, was Tori verachtet, und dennoch ist sie fasziniert von seiner überschäumenden Lebensfreude und seiner Neugier auf die Welt. Und es gibt Solitaire, eine anonyme Schülergruppe, die seit Kurzem Toris Schule in Atem hält. Anders als alle anderen fragt Tori sich, was und wer wirklich hinter Solitaire steckt. (Quelle: Amazon.de)


Dieses Cover hat mich gleich angesprochen, weil ich es wirklich interessant finde. Das Mädchen hat etwas sehr Französisches, was man im Buch allerdings nicht wiederfindet. Verrückt wird das ganze erst, wenn man sieht, wie die Zauberwürfel vom Himmel fallen und dem Foto etwas surreales verleihen, was mich von Beginn an zum Nachdenken anregte. Man kann hier viel interpretieren und zudem stand auf dem Rücken, man könne hier mit Ansätzen von Gesellschaftskritik rechnen, weshalb ich mich dazu entschloss, diesem spannenden Cover und seinen inneren Werten eine Chance zu geben.


Soweit ich nachlesen konnte, hat die Autorin dieses Buch tatsächlich mit blutjungen siebzehn Jahren verfasst, was alleine schon meinen höchsten Respekt hervorruft. Zudem bin ich erstaunlich schnell in die Geschichte eingetaucht und die zwar sehr bedrückende, aber auch verlockende Welt von Tori konnte mich reizen. Somit habe ich am Stil selbst gar nicht viel auszusetzen: Er ist frisch, lebendig und, wenn ich an meine Schulerfahrungen denke, auch noch äußerst authentisch. Sicher gibt es ein paar Phrasen, die sich wie Kaugummi ziehen, aber anders, als von einer so unerfahrenen Autorin erwartet, liest es sich doch fließender und fixer, als so mancher Roman aus erfahrener Feder. Davor ziehe ich den Hut!


Tori ist es leid. Das eintönige Leben, der öde Schulalltag, die Fassaden der beliebten und ach so glücklichen Teenager in ihren Cliquen. Immer mehr zieht sie sich aus dem sozialen Leben zurück und verbringt ihre Zeit lieber mit Filmen- in denen das wahre Leben gezeigt wird, und nicht ein pseudorealistisches Happy End bis ans Lebensende- oder auf ihrem Blog. Ihr friedliches, wenn auch einsames Leben wird auf den Kopf gestellt, als Michael Holden auftaucht, und sich einfach nicht abwimmeln lässt. Doch was hat es mit der geheimen Gruppe "Solitaire" im Netz auf sich, die den Highschoolalltag durch originelle Aktionen auf den Kopf stellt?



Ich habe lange hin- und herüberlegt, wie ich dieses Buch zu bewerten habe, weil ich tatsächlich sehr zwiegespalten bin. Vorweg: Diese Geschichte hat unheimlich viel Potenzial, weil sie von einer Jugendlichen stammt, die hautnah am Geschehen ist, und wer in der heutigen Zeit ebenfalls Schülerin ist, die hat sich in ganz vielen Punkten wiedererkannt. Der Alltag in der Highschool und auch Toris Umfeld dazu sind sehr realitätsnah geschildert und ebenso spannend erzählt. Die Idee mit "Solitaire" fand ich auch spannend, weil so eine geheime Gruppe mit witzigen Späßen der Geschichte noch den fehlenden Pepp gäbe- so dachte ich.
Wären dies alle Punkte, die diesen Jugendroman dominieren, so könnte man sehr viel Spaß damit haben. Aber wir haben ihr zudem eine Protagonistin, die unheimlich im Selbstmitleid versinkt. Zuerst fand ich Toris Gemüt und ihre kritische Art zu denken recht interessant und konnte einige Ansichten über die Oberflächlichkeit von Mitmenschen und den Hierarchien der Schulen heutzutage sogar zustimmen. Es hat mich zum Nachdenken angeregt und hatte eine gewisse Kritik an der Gesellschaft in sich. 
Aber das ganze verliert gänzlich an Glaubhaftigkeit, wenn einem bewusst wird, dass Tori nicht clever ist, indem sie die Dinge durchschaut, sondern gnadenlos schwermütig ist. Es gibt sicher viele Teenies, die so sind und denken wie unsere Protagonistin, aber das ganze wurde für mich hier zu sehr auf die Spitze getrieben. Es macht nach einigen hundert Seiten keinen Spaß mehr, diese depressive und undankbare Einstellung von ihr zu beobachten. Figuren, wie Michael, haben mir sehr gut gefallen, aber letztendlich ist der Wandel zum Positiven, wie man es von einem plastischen Charakter erwartet, bei Tori zu spät eingetroffen, als das ich ihm noch glauben, oder folgen wollte. Einige Figuren hier drin haben Potenzial, keine Frage, aber mit den meisten hatte ich meine Probleme, allen voran Tori mit ihrem unendlichen Kampf gegen ihr Leben voller Schwermut und negativer Gefühle, die nicht nur mir beim Lesen schlechte Laune bereitet haben, sondern berechtigterweise auch allen Menschen in ihrer Umgebung.

Leider reißt das lang ersehnte Ende das ganze auch nicht herum, weil ich schon nach der Hälfte des Buches richtig vermutet habe, wer hinter der "Solitaire"- Aktionen steckt. Schade! Hier ist aus einer super Idee und einem guten Anfang leider nicht mehr geworden als eine Teeniegeschichte, die eher flach, als facettenreich vom Leben eines depressiven Einsiedlermädchens berichtet.



Dieser Roman hat neben dem kreativen Cover auch andere schöne Seiten. Doch um die zu entdecken, muss man eine Menge ausblenden und sich damit anfreunden können, eine wirklich pessimistische und absolut in ihren Ansichten festgefahrene Jugendliche haben, die einfach nicht aus dem Schatten zu holen ist. Ein ewiges Hin- und her beginnt, und der arme Michael hat für meinen Geschmack dem Trauerkloß viel zu oft eine zigste Chance gegeben. Dieses Buch könnte natürlich trotzdem einigen gefallen und vom Stil her war es auch mein Geschmack, aber vermutlich bin ich etwas zu lebensfroh, als dass ich mich jemals mit Tori hätte identifizieren können. Gut gemeinte 3 Drachen für ein schönes Gerüst mit deftigen Lücken in der Geschichte.









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